Sonja Geier, Hochschule Luzern
© Holzcluster Steiermark

Europäisches Forum Alpbach 2022

Bioeconomy Austria Breakout Session am 26.08.2022

Hausdämmungen aus Holzrinde, biobasierte Leime und Holz-Hybrid-Bauteile für die Mobilitätsbranche – Visionen und reale Lösungen für eine gelebte Bioökonomie begeisterten das Publikum beim ersten offiziellen Auftritt des österreichweiten Netzwerks „Bioeconomy Austria“ im Rahmen des jährlichen Forum Alpbach in den Tiroler Bergen. Ein neues Zeitalter des nachhaltigen Denkens wird eingeläutet.

Schlagworte wie Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie sind aktuell in aller Munde – nicht zuletzt, weil sich Unternehmen jeder Größe und Branche damit auseinandersetzen müssen. Selbst Betriebe, die sich entlang der Wertschöpfungskette Holz positionieren, müssen neue Konzepte entwickeln, wie der nachhaltige Roh- und Werkstoff Holz noch länger im Kreislauf geführt werden kann. „Je mehr Verwendungsstationen wir für verbautes Holz finden und je mehr biobasierte Reststoffe aus der Produktion in eine langfristige Nutzung gelangen, desto mehr CO2 wird gebunden“, erklärt Martin Greimel von der BOKU. Aber auch das Erarbeiten von Lösungen, um Holz in komplett neue Anwendungen – wie in die Mobilität – zu bringen, wird bei der Erreichung unserer Klimaziele zur Notwendigkeit. Im Rahmen der gemeinsamen Initiative „Bioeconomy Austria“ konnten Innovation Salzburg, Holzcluster Steiermark, und BioBASE beim Forum Alpbach das Publikum davon überzeugen, welche Lösungsansätze es bereits in Österreich gibt und welche Visionen aktuell in der Forschung verfolgt werden.

Der Kampf um Ressourcen macht zyklisches Denken notwendig 

Die Verwendung von Holz gilt per se als nachhaltig – aufgrund der endlichen Ressourcenverfügbarkeit wird es aber notwendig, Konzepte zu finden, um auch diesen Rohstoff längerfristig im Kreislauf zu führen. „Die verfügbare Biomasse aus dem Wald bietet Potenzial, das genutzt werden kann und muss. Wir müssen die Bioökonomie in die Praxis bringen“, erklärt Sonja Geier von der Hochschule Luzern bei ihrer Keynote. Damit Bioökonomie aber auch angreifbar werden kann, braucht es eine umfangreiche Basis, die schon in der Ausbildung der Fachkräfte ihren Ursprung hat. „Wenn das wissenschaftliche Arbeiten in der Ausbildung eng mit der Wirtschaft verzahnt ist, erkennt man nicht nur kommende Trends, sondern steigert auch die Toleranz in der Umsetzung neuer Konzepte“, stellt Alexander Petutschnigg von der FH Salzburg klar.  

Ein konkretes Beispiel für eine erfolgreiche Überführung von der Wissenschaft in die Industrie liefert Bernhard Lienbacher mit seiner Firma „Barkinsulation“. Er hat sich die Isolationswirkung von Rinde zu Nutze gemacht und unteranderem eine Dämmung für Häuser entwickelt. Damit bringt er nicht nur bisher wenig genutzte Biomasse in Form der Rinde in den Wertstoffkreislauf, sondern generiert regional neue Wertschöpfung sowie Arbeitskräfte. 

Mit Michael Kunz von der Metadynea war auch ein Vertreter der chemischen Industrie Teil des Panels in Alpbach. Der Grund liegt für ihn auf der Hand, „die chemische Industrie funktioniert als Enabler, um den verarbeiteten Rohstoff Holz überhaupt erst bioökonomisch und kreislauffähig zu machen. Wir sehen uns in Zukunft auch als Bio-Leim-Anbieter.“ 

Auch die Salzburg AG sucht als Energieanbieter nach neuen Lösungen, um der Energiekrise sowie dem Klimawandel Antworten entgegenzusetzen. „Es herrscht ein Kampf um Ressourcen und nutzbarer Biomasse. Es gibt im Moment keine Biomasse, die weggeworfen wird. Wir müssen eine kaskadische Nutzung forcieren und die Wertschöpfung durch beste Technologien weiter steigern“, erklärt die Vorständin Brigitte Bach. 

Neue Geschäftsfelder für Firmen und Chancen für Holz in der Mobilität 

Es braucht spannende wissenschaftliche Fragestellungen und visionäre Unternehmen, die diese unterstützen – darin sind sich Horst Bischof, Vizerektor der TU Graz und Martin Karner, CEO von Weitzer Woodsolutions, am Podium einig. Karner fügt hinzu: „Unser Zugang ist es Holz dorthin zu bringen, wo es schon einmal war. Es hat bereits Autos oder Flugzeuge aus Holz gegeben. Unser Ziel ist es, diesen Weg wieder aufleben zu lassen.“ Aus der ursprünglichen Fragestellung „Welche Anwendung Holz im Auto finden kann“, entstanden im vergangenen Jahrzehnt wissenschaftlich fundierte Daten, die es möglich machen Holzbauteile digital zu simulieren. „Die entwickelten Holz-Hybrid-Bauteile sind damit nicht nur in der Simulation konkurrenzfähig im Vergleich zu herkömmlichen Bauteilen, sondern halten in den realen Tests, was sie versprechen“, erklärt Thomas Krenke vom Innovationszentrum W.E.I.Z, das maßgeblich an diesem Weg mit F&E-Projekten wie WoodC.A.R. oder CARpenTiER beteiligt ist. 

Aber auch die Unternehmen der Mobilitätsbranche werden auf den Werkstoff aufmerksam und erforschen, welche Anwendungen möglich sind. „Mit dem neu entwickelten Hochgeschwindigkeitszug haben wir es durch neue Wege und neue Technologien geschafft zwischen 35% weniger Energie zu verbrauchen. Dadurch wird ersichtlich das neue Technologien, neue Denkansätze und eine konsequente Umsetzung zu erheblichen Mehrwerten führen kann. Das Thema Holz ist genau ein solcher innovativer Ansatz. Diese Technologie kann eine Lösung für die aktuellen Herausforderungen wie Leichtbauanforderungen, Reduktion C02-Emissionen, kurze Lieferwege und regionaler Wertschöpfungsketten bieten“, erklärt Innovationsmanager Alexander Prix der Siemens Mobility. Auch die BMW Group beschäftigt sich mit dem Thema und rückt das Recycling in den Mittelpunkt. „Bei dem Design for Recycling haben wir von hinten angefangen und uns die Frage gestellt, wie können wir die Bauteile so bauen, dass sie zerlegbar und in einer zweiten Verwendung auch noch nutzbar sind“, beschreibt Stefan Könsgen von der BMW Group. Zudem ergänzt er „biobasiertes Material schafft das Potenzial, den CO2-Fußabdruck zu reduzieren und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu verringern. Damit kann auch ein Wert erzielt werden, der CO2 negativ ist.“ 

„Die Grundgedanken des Forum Alpbach und „Bioeconomy Austria“ weisen einige Parallelen auf. Beide möchten Wissenschaft, Politik und Wirtschaft zusammenbringen und sich so für ein nachhaltigeres „New Europe“ – wie das Motto des diesjährigen Forums zeigt – einsetzen“, zeigen sich Werner Balika von Innovation Salzburg, Christian Tippelreither vom Holzcluster Steiermark und Thomas Timmer von BioBASE zufrieden.